Eisheilige
Gundelfingen, 15.05.2019: Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophie – die Gedenktage dieser Bischöfe und Märtyrer kennen wir als die „Eisheiligen“. Bauernregeln wie „Pankraz, Servaz, Bonifaz, machen erst dem Sommer Platz“ oder „Vor Nachtfrost du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist“ warnen seit Jahrhunderten vor gefährlichen Spätfrösten in der Zeit vom 11.-15. Mai.
Bei den Eisheiligen handelt es sich um eine meteorologische Singularität, eine regelmäßig wiederkehrende Wetterlage. Grund für die Kälteeinbrüche ist die schnelle Erwärmung der Luft über dem europäischem Festland. Die Luft über den Ozeanen erwärmt sich langsamer, was zu einer Temperaturdifferenz führt. Die Luftmassen verschieben sich, warme Strömungen ziehen nach Norden und saugen kalte Polarluft aus Nordosteuropa an. Sind die Nächte sternenklar kann es zu Bodenfrost kommen.
Möglicherweise sind die Bauernregeln zu den Eisheiligen in der „Kleinen Eiszeit“ vom 15.-19. Jahrhundert entstanden, als die Wahrscheinlichkeit für Spätfröste Mitte Mai noch sehr hoch war. Die Bauern konnten erst nach den Eisheiligen mit ihren Aussaaten beginnen, entsprechend kurz war die Vegetationsperiode. Seit Ende der kleinen Eiszeit und mit Beginn der Klimaerwärmung wurden Spätfröste Mitte Mai seltener. Dennoch gibt es sie auch heute noch regelmäßig, tendenziell jedoch etwas früher im Jahr. Das gibt uns Gärtner die Möglichkeit zu früheren Aussaaten und Risikosätzen, hat jedoch auch Nachteile: Blattläuse z.B. überwintern als Eier, einmal geschlüpft sind einige von ihnen Spätfrösten schutzlos ausgeliefert. Ausbleibende Spätfröste begünstigen demnach ihre Entwicklung. Dass Spätfröste eine echte Gefahr für den Wein-, Obst- und Gemüsebau darstellen können zeigt ein aktuelles Beispiel vom 21. April 2017: Ein Kälteeinbruch von -7°C verursachte vor allem bei Wein- und Obstbauern Millionenschäden.
Als Gemüsegärtner freuen wir uns auf die Zeit nach den Eisheiligen. Aussaaten und Jungpflanzen müssen nicht mehr geschützt werden, das mühevolle Auf- und Zudecken der Vliese hat ein Ende. Die Gewächshäuser müssen nicht mehr notgeheizt werden, um bereits gepflanzte Tomaten, Auberginen, Gurken oder Paprika zu schützen - am Klosterhof benutzen wir dafür Gasheizgebläse . Nicht zuletzt läutet das Ende der Spätfröste die lang ersehnte Saison des Fruchtgemüses ein: Endlich können Zucchini, Paprika, Tomaten, Gurken, Kürbis, Physalis und Melonen ins Freiland gepflanzt werden. Der Sommer kann kommen!